Klinische Spitzenforschung am Krupp Krankenhaus

Prof. Dr. med. Roland Veltkamp
Europäische Forscher um Prof. Veltkamp publizieren wichtige Schlaganfallpräventionsstudie im Lancet.
Ein von der Europäischen Union mit 6,9 Millionen Euro gefördertes Forschungsprojekt zur Zukunft der Schlaganfallvorbeugung hat internationale Aufmerksamkeit erlangt. Unter der Leitung von Prof. Dr. Roland Veltkamp, Chefarzt der Klinik für Neurologie am Alfried Krupp Krankenhaus in Essen, wurde die PRESTIGE-AF-Studie (PREvention of STroke in Intracerebral haemorrhaGE survivors with Atrial Fibrillation) erfolgreich abgeschlossen und im renommierten Fachjournal The Lancet veröffentlicht. Die multizentrische, europäische Studie liefert wegweisende Erkenntnisse zur Frage, ob Patienten mit Vorhofflimmern nach einer Hirnblutung Gerinnungshemmer zur Schlaganfallvorbeugung einnehmen sollten oder nicht.
Ein komplexes Dilemma: Blutungsrisiko vs. Prävention von ischämischen Schlaganfällen
Patienten mit Vorhofflimmern haben ein deutlich erhöhtes Risiko, einen ischämischen Schlaganfall zu erleiden. Vom Herzen ausgehende Embolien bei Vorhofflimmern sind für etwa jeden vierten ischämischen Schlaganfall verantwortlich. In großen Studien wurde nachgewiesen, dass dieses hohe Schlaganfallrisiko durch Gerinnungshemmer erheblich gesenkt werden kann. Allerdings erhöhen diese Medikamente das Risiko für Hirnblutungen. Hirnblutungen sind für etwa 15 Prozent aller Schlaganfälle in Europa verantwortlich und stellen eine besonders schwere Form des Schlaganfalls dar. Ein seit Jahrzehnten ungelöstes Dilemma betrifft die Schlaganfallvorbeugung bei Patienten, die eine Hirnblutung erlitten haben. Diese haben einerseits ein erhöhtes Risiko für eine erneute Hirnblutung, andererseits haben sie häufig aber auch ein erhebliches Risiko für ischämische Ereignisse. So leidet jeder vierte Patient mit einer Hirnblutung an Vorhofflimmern. Die Frage, ob eine Gerinnungshemmung nach einer Hirnblutung bei Patienten mit Vorhofflimmern wieder aufgenommen werden sollte, war bislang ungeklärt.
Die randomisierte, kontrollierte PRESTIGE-AF-Studie untersuchte über einen Zeitraum von sieben Jahren, wie wirksam und sicher die erneute Verabreichung von sogenannten direkten oralen Antikoagulanzien (DOAKs) bei Patienten nach einer Hirnblutung ist. Bis Ende November 2023 wurden 319 Patienten mit stattgehabter Hirnblutung und Vorhofflimmern in sechs europäischen Ländern in die Studie eingeschlossen. Auf der internationalen Stroke Conference 2025 in Los Angeles präsentierte Prof. Veltkamp die Ergebnisse der Studie. Patienten mit einer Hirnblutung, die nicht antikoaguliert worden waren, hatten ein sehr hohes Risiko (8% pro Jahr), einen ischämischen Schlaganfall zu erleiden. Dieses Risiko wurde durch die Einnahme eines DOAKs noch effektiver als erwartet um 95% reduziert. Allerdings führten DOAKs auch zu einer deutlicheren Erhöhung des Risikos für eine erneute Hirnblutung, als dies frühere Studien nahegelegt hatten. Bei der Abwägung von Nutzen und Risiko („Net benefit“) überwiegen insgesamt jedoch die Vorteile einer Vorbeugungstherapie mit Gerinnungshemmern. Die neuen Leitlinien der Europäischen Schlaganfallorganisation berücksichtigen diese Ergebnisse bereits.
Zukunftsperspektiven
Veltkamp, der auch den Lehrstuhl für Schlaganfallmedizin an der britischen Eliteuniversität Imperial College London innehat und die Forschungskommission der Weltschlaganfallorganisation leitet, erklärte auf dem Kongress in Los Angeles, dass für Patienten in einer solch komplexen Situation Prädiktoren gefunden werden müssen, mit deren Hilfe die Auswahl des am besten geeigneten Therapieverfahrens für den Patienten individuell erfolgen kann. Das visionäre Konzept des PRESTIGE-AF Projekts umfasste daher mehrere Unterstudien, die sich unter anderem mit dem Vorhersagewert von Hirn-MRTs und genetischen Untersuchungen beschäftigten. Wie kürzlich auf dem Europäischen Schlaganfallkongress in Helsinki gezeigt wurde, scheinen einige der dabei identifizierten radiologischen und genetischen Parameter die personalisierte Therapieauswahl von Hirnblutungspatienten zu verbessern.
Forschung am Krupp Krankenhaus
Die Veröffentlichung der PRESTIGE-AF-Studie im Journal „The Lancet“, das derzeit von allen medizinischen Journalen den höchsten Impact factor besitzt, unterstreicht die Bedeutung, die das Alfried Krupp Krankenhaus und sein Träger, die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Stiftung, der klinischen Forschung beimessen. Das Krankenhaus unterstützte den Studiensponsor in London nach dem Brexit als „Legal Sponsor Representative“ in Europa. Darüber hinaus schloss das engagierte Studienteam der Neurologischen Klinik unter Leitung von Oberarzt Dr. Karim Hajjar unter Mitarbeit von Dr. Patrick Müller und Evgenia Winezki sowie der Studienkoordinatorinnen Birgit Lyss, Rebecca Döring und Bindu Thekkemury mit Abstand die meisten Patienten in die Studie ein. „Für uns Neurologen ist die klinische Forschung an einem international bekannten Schlaganfallzentrum wie dem Krupp Krankenhaus immer fester Bestandteil unseres Arbeitsalltags“, erklärt Prof. Veltkamp. „Die individuelle Patientenbetreuung verbinden wir mit systematischer Forschung – das erweitert den Horizont der beteiligten jungen Ärzte ungemein. Aber vor allem bin ich überzeugt davon, dass unsere Patienten von dem Angebot profitieren, an klinischen Studien teilnehmen zu können.“
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